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Der 5. Stamm


[Jürgen Carocci] Bei mir im Garten wächst seit vielen Jahren eine Feldulme, die regelmäßig Wurzelschösslinge produziert, die im nahen Umkreis der Ulme aus dem Boden wachsen. Viele dieser Schösslinge stehen an so ungünstigen Stellen, dass sie entfernt werden müssen. Da man ja als Bonsaianer Probleme damit hat, etwas Grünes weg zu werfen, sind viele dieser Schösslinge in Anzuchttöpfen gelandet. 
< [Foto: Die fertige Ulme, jetzt mit fünf Stämmen]

Aus vier dieser Schösslinge habe ich vor ein paar Jahren eine Gruppe zusammengepflanzt. 

Die Idee dazu kam mir auf der täglichen Fahrt zur Arbeit, bei der ich an einem Mehrfachstamm vorbei komme. 

Die fertige Gestaltung (oben) ähnelt ihrem Beispiel aus der Natur.

Die meisten von Euch werden jetzt denken: „Vier Stämme?“ Richtig. Auch ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass 4 Stämme gar nicht gehen. Also muß ein 5. Stamm her.

Wer schon einmal versucht, einen zusätzlichen Stamm nahe am Wurzelansatz der anderen Stämme einzupflanzen, weis um die Probleme, den Stamm nahe genug an die anderen heranzubringen. Die Wurzeln sind dort so zahlreich, dass selbst ein intensives und sorgfältiges auskämmen der Wurzeln nicht genug Raum schafft, um dort etwas einzupflanzen.

Daher suchte ich nach einem anderen Weg. Es kam mir die Idee: Es müßte doch möglich sein, ein passendes Loch an der vorgesehenen Stelle zu bohren? Was braucht man dazu? Einen Akkubohrschrauber mit 35 mm - Kronenbohrer.

Das Loch ist fertig.
Ulmen bieten sich dafür an, da sie nach meiner Erfahrung wenig Probleme haben, wenn in ihrem Wurzelraum ein kräftiger Rückschnitt stattfindet. Gesagt - getan. Ulme austopfen, altes Substrat raus. Eine Minute später war das Loch fertig.

Aus einer Auswahl möglicher Kandidaten wurde ein Stamm ausgewählt, der bereits etwas Bewegung hatte. Die Wurzeln wurden zugeschnitten, so dass er in das Loch passte. Dann wurde er eingepflanzt.

Der 5. Stamm wurde nun noch mit Draht fixiert, um ihm das Anwachsen zu erleichtern und der Baum wieder in die Schale gepflanzt.

Da sich die Ulme zu diesem Zeitpunkt mitten im Frühjahrsaustrieb (bei mir im Odenwald Ende März /Anfang April) befand, steckte sie die Aktion problemlos weg. Sowohl die vorhandenen Stämme, als auch der neue 5. Stamm wuchsen weiter, wie wenn nichts geschehen wäre.

Der eine oder andere wird jetzt denken „Naja, nicht wirklich eine spektakuläre Neugestaltung“. Stimmt. War auch nicht geplant, sondern einfach nur um aufzuzeigen, wie man mit einfachem Material und etwas Fantasie im Laufe der Jahre zu Ergebnissen kommt. Oftmals ist es - zumindest für mich - so, dass ich zu solchen Bäumen mehr Bezug habe, als zu Bäumen, die ich irgendwo gekauft habe und an denen ich dann weiter arbeite.

Ich möchte Euch dazu ermuntern, einfach mal Neues aus zu probieren. Aber bitte immer daran denken: Ein solcher Eingriff funktioniert nur, wenn Du den richtigen Zeitpunkt wählst und die Pflanzen gesund sind. Ansonsten ist die Enttäuschung vielleicht vorprogrammiert.


Auswahl des 5. Stammes

Beschnitt

Und ab in die Schale 


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