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Gestaltung einer Eibe über 10 Jahre

Entwicklung einer Eibe: Lange Suche nach dem optimalen Winkel

Diese Eibe fand im Jahr 2003 den Weg zu mir, nachdem sie aus einer Hecke entnommen wurde und sich dann 3 Jahre lang im Garten erholen durfte. 

Es handelt sich um einen Taxus baccata der Sorte „Summergold“. Diese Sorte zeichnet sich dadurch aus, dass der Austrieb im Frühjahr gelb ist und sich erst im Laufe des Jahres nach und nach grün färbt. 

Da der Baum nach dem erneuten Ausgraben aus dem Garten einen sehr kompakten Wurzelballen aufwies, konnte er direkt in einen Mika Pot gepflanzt werden. 


Erster Eindruck:  Sicher gibt es Material das für die Bonsaigestaltung weitaus besser geeignet ist, aber dieser Herausforderung galt es sich zu stellen

Ein Jahr später zeigte sich die Eibe im Austrieb unbeeindruckt davon, dass sie erst ein Jahr zuvor ausgegraben wurde. Daher begann ich erste Schnitt- und leichte Drahtmaßnahmen an ihr durchzuführen. Ebenso entstand in dieser Zeit der große Shari auf der Innenseite des Stammes, da hier die Rinde bedingt dadurch dass bei der Entnahme aus der Hecke die Verlängerung des Stammes gekürzt wurde, die Rinde eingetrocknet war.

Diese Maßnahmen inkl. Pflege führte ich bis zum Frühjahr 2007 durch immer mit dem Gefühl dass mir der Pflanzwinkel der Eibe so nicht gefiel. Wie man auf den Bildern ersehen kann, hat der Stamm eine fast 90 Grad Neigung nach rechts. Die Spitze entspringt oben auf dem Stamm, um sich dann leicht nach links zu bewegen. Irgendwie wirkte das Ganze auf mich zu statisch.

So fasste ich den Entschluss, die Eibe im Frühjahr 2007 aus dem Mika Pot zu nehmen und in einen Kunststoffkübel zu setzen – mit geändertem Pflanzwinkel. 

In diesem Jahr führte ich außer Düngen (reichlich) und Gießen keine weiteren Maßnahmen durch. Die Eibe durfte frei wachsen. Meine bis dahin durchgeführten Gestaltungsmaßnahmen waren zum Ende des Jahres so gut wie nicht mehr zu sehen. Meine einzige Aufgabe 2007 bestand darin, weiter nach dem richtigen Pflanzwinkel und somit der zukünftigen Gestalt der Eibe zu suchen.

Bis Ende des Jahres hatte sich die eine oder andere Idee ergeben, aber eine überzeugende Idee fehlte noch.

Zu Beginn des Jahres 2008 erhielt ich per Post das geplante Workshop Programm von Udo Fischer. Es wurde ein Workshop mit den HH. Iura und Katagiri aus Japan angeboten. Da H. Katagiri als Spezialist unter anderem für seine Eiben bekannt ist, meldete ich mich umgehend zu diesem Workshop an.

Die beiden Herren waren ebenfalls eine ganze Weile damit beschäftigt, die Eibe nach allen möglichen Seiten zu drehen und zu kippen bis sie dann in einer bestimmten Position stehen blieben und meinten, dass dies wohl die optimale Position für den Baum wäre. Wie sich herausstellte war mein erster Ansatz 2003 so falsch nicht gewesen. Die Eibe wurde noch um wenige Grad nach oben angehoben und schon war die neue Pflanzposition gefunden.

Häufig ist es so, dass jemand der den Baum das erste Mal sieht, relativ schnell zu einer Lösung kommt bzw. einem die vorgeschlagene Lösung nur nochmals bestätigt. 

Da nun die richtige Position gefunden war, stand der Grundgestaltung nichts mehr im Weg. 

Die nächsten 2 Jahre durfte die Eibe wachsen und wurde nur pinziert. 

2010 erfolgte dann der Umzug in eine einfache quadratische Schale aus China. Durch die Erfahrung der ersten Pflanzung in einer flachen rechteckigen Schale entschied ich mich für eine höhere quadratische Schale, da der Baum in einer „flachen“ Schale immer den Eindruck macht, umzukippen. 

Gleichzeitig machte ich mich auf die Suche nach einer Schale, die der Baum verdient. Nachdem ich nirgendwo fündig wurde, lies ich im Winter 2011 / 2012 eine Schale nach einem Vorbild aus einer japanischen Bonsai Zeitschrift von Brian Albright anfertigen.


Beim Umtopfen im Frühjahr 2012 entfernte ich auch den untersten Ast auf der rechten Seite, da dieser in die Gestaltung nicht recht zu integrieren war.

Die nächsten Jahre entwickelte sich die Eibe prächtig, so dass außer Pinzieren und Schneiden nur minimale Korrekturen per Draht notwendig waren. 

2014 entschied ich mich, den Baum in Mannheim auf der JHV des BCD das erste Mal auszustellen. 

Der Plan für die Zukunft sieht vor, weiterhin an der Feinverzweigung und Aststruktur des Baumes zu arbeiten, die im Moment zum Teil noch sehr grob und unstrukturiert wirkt, was auch damit zusammenhängt, dass man bei dieser Sorte längere Zeit benötigt, eine Feinverzweigung zu erhalten wie man das im allgemeinen von Eiben gewohnt ist.

Ich möchte hiermit zeigen, dass es doch möglich ist aus Material das am Anfang fast unmöglich erscheint und man lange um eine ansprechende Lösung bemüht ist am Ende ein Baum entstehen kann, an dem man besonders hängt. Schon allein wegen der Geschichte die man zusammen erlebt hat.


Von 
Jürgen Carocci
BCD AK Heidelberg

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