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Hitzealarm - was tun?

 


Wenn das Thermometer über 30°C steigt, wird es auch für unsere Bonsai gefährlich. Das geschieht in den letzten Jahren immer häufiger, auch dauern die Hitzeperioden länger. Jeder von uns kennt die Meldungen zum Waldsterben und zu den Problemen, die wir überall in den Wäldern haben. Grundsätzlich stehen wir mit den Bonsai vor exakt den gleichen Herausforderungen. Allerdings bleiben uns mehr Optionen, um unsere Bäume vor Schäden zu schützen bzw. sie zu kurieren, wenn Schäden aufgetreten sind. Denn:

Unsere Bäume brauchen die Sonne


Es ist eine Binsenweisheit, dass Bonsai - fast immer - volles Sonnenlicht brauchen. Ansonsten bilden sich keine kleinen, sondern viel zu große Blätter. Es entsteht keine Feinverzweigung, wenn dein Baum im Schatten darbt. Die Blätter werden groß, die Triebe lang, ebenso die Knospenabstände. Außerdem braucht jede Pflanze Sonnenlicht für ihr Wachstum. Wie also mit dem "zu viel" umgehen?

Dein Bonsai passt sich an


Vielleicht ist dir schon aufgefallen, wie sich die Blätter deiner Bäumchen über das Jahr hinweg verändern. Im Frühjahr kommen sie weich und eher hellgrün aus der Knospe, werden erst nach und nach dunkelgrün - je mehr Licht sie bekommen. Wenn er richtig aufgestellt ist, nicht zu viel Wasser und zu viel Dünger bekommt, werden die Blattgröße und die Blattabstände schon ganz akzeptabel sein.

Je länger die Sonne am Tag scheint und je intensiver, desto härter, manchmal lederartig und wie mit Wachs überzogen, präsentiert sich die Blattoberfläche (Cuticula), denn sie passt sich den Witterungsverhältnissen an. Verliert der Baum ein Blatt und ersetzt es im beginnenden Sommer, dann ist es härter, als im zeitigen Frühling.

Man sieht einer Pflanze die Herkunft an den Blättern an. Sind die Blätter groß und weich (z.B. Haselnuss), dann handelt es sich um keine Steppenpflanze. Die Haselnuss ist daran nicht angepasst.

Je härter die Blattoberfläche (Korkeiche), je behaarter (silbrig erscheinend) sie ist, z.B. beim Olivenbäumchen, desto mehr ist sie an warme Regionen angepasst. Z.B. Stacheln schützen vor Feinden und vor Verdunstung. 

Und dann gibt es Pflanzen, die wir bald nicht mehr in Süddeutschland halten können - oder nur noch mit Hilfsmitteln - weil es diese Pflanzen bei Hitze nicht schaffen, genügend Wasser über ihre Kapillaren zu den Blättern zu transportieren. Du kannst sie in einen Eimer mit Wasser stellen, die Blätter hängen oder verdorren sogar. Unsere weit verbreitete Rotbuche (fagus sylvatica) ist ein solcher Kandidat. Einige der vielen Varietäten sind besser angepasst, andere weniger gut, manche werden aussterben.

Dazu kommt der "Hitzestress". Recht interessant, nach zu lesen, was die Forschung dazu schon weis und was sie noch erforscht. Hier mal Links zum Thema: Hitzestress  oder Aktuelle Forschung. Da wird man schon nachdenklich. Der Mix aus Hitzestress und anderen Umwelteinflüssen kann den Baum sterben lassen.

Interessant ist auch, dass eine überstandene Austrocknung oder eine Periode mit viel Hitzestress dem Baum noch über Jahre hinweg schadet. Er lagert weniger Nährstoffe ein, die er im Frühjahr zum Austrieb braucht. Saftbahnen werden dauerhaft geschädigt, ganze Äste mit noch grünem Laub sterben "spontan" ab (Meistens die, die für eine Gestaltung wichtig waren).


Dein Baum zeigt Schäden - was kannst du tun?

Irgendwann passiert es dann - manchmal reicht ein halber Tag und der Baum ist braun. Dann ist er in der Regel nicht gleich mausetot, obwohl es diesen Fall auch schon mal gibt.

Meine Sofortmaßnahmen:

<Puls fühlen>:

Ganz vorsichtig kratze ich mit dem Fingernagel oder einem kleinen Messer an einem oben liegenden Ast oder am Stamm. Wenn dort noch Grünes zu sehen ist, drücke ich die Stelle wieder zu, gebe etwas Versiegelungsknet drauf oder umwickele die kleine Verletzung mit Bast. Ist es dort nicht grün, gehe ich mit dem Test weiter nach unten. Manchmal sind einige Äste verdorrt. 

Es ist möglich, dass dein Bäumchen für den Rest des Jahres immer noch "Grün anzeigt", aber keine Blätter mehr treibt. Mit etwas Glück kommt er im Frühjahr wieder zum Austrieb. Pflege ihn also, stelle ihn geschützt auf und hoffe.

Wenn nur noch ganz unten am Stamm etwa Grün zu finden ist, wird vermutlich im Frühjahr ein Austrieb aus dem Wurzelstock kommen. Vorher passiert wahrscheinlich nichts.

<Nicht tot - aber im Koma>:

Meist ist der Baum nicht tot, aber geschädigt. Wenn nun wirklich alle Blätter braun sind - siehe Bild, das Ergebnis eines Gießfehlers - dann nehme ich diese Pflanze sofort aus der Schale und befördere sie in einen Seerosentopf. Der ist viel zu groß für die kleine Pflanze, aber das soll so sein. Es wird viel Drainage / Erde / Granulat aufgefüllt. Aber Achtung: Nicht zu viel des Guten, sonst entsteht Schaden durch Staunässe. Drainage keinesfalls vergessen und nicht "tot giessen". Denn erst mal nimmt er ja nur wenig Wasser auf ... so ganz ohne Blätter.

Also gießen und ab in den Schatten, bis wieder alle Blätter voll ausgetrieben sind. Erst dann bekommt er wieder Dünger und wird nach und nach mehr Licht ausgesetzt.

<Schäden vorhanden - ab auf Krankenstation>:

Ist der Baum deutlich weniger geschädigt, dann stelle ich ihn für 1 - 2 Wochen geschützter auf. In meinem Garten gibt es Bereiche, die nicht ständig voll in der Sonne stehen, sondern nur über ein paar Stunden, nur am Vormittag, nur am Nachmittag. Damit lässt sich ganz gut "dosieren".

<Ein Blattschnitt kann helfen>:
In einigen Fällen wird ein geschädigter Baum von einem Blattschnitt profitieren. Das ist recht einfach zu verstehen: Er hat im Frühjahr ausgetrieben und dabei eine ganze Menge Blätter neu gebildet, für die er auch das notwendige Wurzelwerk gebildet hat. Er ist so in der Lage, alle diese Blätter ordentlich zu versorgen. Wenn bei dem betroffenen Bäumchen ohnehin ein Blattschnitt ansteht, dann kann er jetzt behutsam durchgeführt werden. Es darf kein kompletter Blattschnitt werden. Das überlebt ein Bonsai nicht. Er ist ja "krank". Wenn es aber darum geht, 20 % – 30 % der Blattmasse zu reduzieren, dann hat der Baum jetzt mehr Wurzeln zur Verfügung, um die verbleibenden Blätter zu versorgen, als er eigentlich braucht. Er hat danach nur noch 70% Blattmasse bei 100% Wurzelmasse.

Damit hast du eine Sicherheitsreserve für die Rekonvaleszenz deines Bonsai.


<Mit weißen Steinen mulchen>:

Was sich bei mir bewährt hat, ist das Mulchen mit Steinen. Dazu wähle ich weiße Steine aus, die das Sonnenlicht gut reflektieren. Diese Steine verteile ich um den Wurzelansatz herum und weiter über die Schale. Zugegeben: Vieles davon ist reine Gefühlssache. Die Ergebnisse sind gut. Du kannst auch gleichzeitig das Nebari zu verbessern und den Wurzeln Feuchtigkeit zu zu führen, in dem du Spagnum-Moos um den Wurzelansatz herum aufbringst, bevor du die Steine auflegst.

Vorbeugende Maßnahmen:

Es gibt einige vorbeugende Maßnahmen, die leicht durchzuführen sind:

1. Beschattungsnetze einsetzen. Es gibt sie mit unterschiedlichen Beschattungsgraden: 30%, 50% usw. Sie halten auch Vögel fern, die gerne deine Schalen ausräumen.

2. Baumstamm weiß anstreichen - verhindert Sonnenbrände. Bei Bonsai mässig erfolgreich.

3. Schalen komplett mit weißem Kies oder weißen Steinen bedecken.

4. Sprüh- / Bewässerungsanlage nutzen, die mehrfach am Tag mit Regenwasser nachgießt. Das ist allerdings nicht ganz einfach in der Dosierung und verlangt m.E. einige Erfahrung in der praktischen Anwendung. Einige Kollegen haben damit ausgesprochen gute Erfahrungen und betreiben solche Anlagen schon seit Jahren.

5. Unterschiedliche Zonen im Garten einrichten und die Bäume im Garten "wandern lassen". Denn du drehst sie ja ohnehin regelmässig ... Das ist dann schon etwas aufwändig.


Nun hoffe ich sehr, dass dir die hier vorgestellten Maßnahmen ein wenig helfen, auch im Sommer mehr Spaß und weniger Streß mit deinen Bonsai zu haben.



Quelle Titelbild: 
pixabay - geralt










Kommentare

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